1. Jüchsen

Von dem Neunmann

In Jüchsen hatte einmal in uralten Zeiten üble, böse Krankheit sich ausgebreitet, und so schnell um sich gegriffen, dass man gar nicht anders denken konnte, als das ganze Dorf wolle aussterben. Da ist nun ein Mann gewesen, dem ist seine Frau gestorben und alle Kinder bis auf seinen großen Jungen, und weil ihm gar nichts in Jüchsen gefallen hat, so hat er alle seine Äcker und Sachen verkauft und ist mit seinem Jungen nach Würzburg gezogen. Nach einiger Zeit machte er sich einmal auf und ging nach Jüchsen, aber am Tage hat er sich nicht ins Dorf getraut; daher legte er sich in ein Holz nieder bis es Nacht wurde; dann stieg er über die Friedhofsmauer, um zu sehen, wie es da aussähe: da sah er aber, dass noch alles voll frischer Gräber war, und ist schnell wieder fort nach Würzburg gegangen. Nach einigen Jahren starb dieser Mann, und weil nun der Junge so ganz allein war, hat es ihm in Würzburg nicht mehr gefallen, und er ist wieder nach Jüchsen gezogen. Als er dort ankam, sah er, dass ganz Jüchsen ausgestorben war, bis auf acht Nachbarn; und wie er zu ihnen spricht: er wäre auch von Jüchsen, haben sie ihm nicht geglaubt. Nach längerem Streit sagten sie denn; sie wollten ihn annehmen, er solle aber erst ein Wahrzeichen angeben, wo er zu Hause gewesen wäre. Darauf spricht er: „sein Vaterhaus hätte auf einem Hügel gestanden, gerade gegenüber wäre auch eine Mühle gewesen, an welcher ein großes Rad gehangen hätte.“ Nun glaubten die acht Nachbarn, dass er von Jüchsen war, und dass er auf dem Tannenberg, einer Gasse, die noch heute so heißt, zu Hause gewesen ist, und darauf haben sie ihn angenommen. Weil er nun der neunte Mann im Dorfe war, so haben sie ihn Neunmann genannt, und der Name ist ihm recht gewesen, er hat sich so geschrieben und ihn fortgeführt und ihn an seine Nachkommen weitergegeben.