3. Haina

Der Natternkönig von Haina

In Haina lebte ein armes Waisenmädchen bei einer reichen Verwandten. Obwohl es fleißig und freundlich war, ließen sie alle im Hause spüren, dass sie ihnen nur eine Last sei. Besonders die Bäuerin nörgelte an ihr herum. Nie konnte sie es ihr recht machen. Eines Abends saß es wieder im Stall und ließ den Tränen freien Lauf. Da hörte es ein Rascheln und erschrak, als sich eine große Natter auf das Mädchen zu schlängelte. Begehrlich blickte diese auf die Milch in der Butte. Das Kind empfand Mitleid, füllte rasch eine Schale mit frischer Kuhmilch. Die Natter trank sie dankbar aus. Nun entdeckte das Mädchen, dass die Natter auf dem Kopf ein Krönchen aus purem Gold trug. Voller Angst brachte sie den Melkkübel der Bäuerin, denn diese verdächtigte sie immer, heimlich von der Milch zu trinken. Doch an diesem Abend war sie erstaunt: Sie konnte ein ganzes Maß mehr in die Rahmtöpfe gießen. So ging es nun Tag für Tag. Das Mädchen wuchs heran und wurde bald die schönste Jungfrau im ganzen Dorf. Doch so sehr sie auch die reichen Bauernburschen umwarben, ihr Herz gehörte einem rechtschaffenen Jäger, der mit seinen Eltern am Dorfende wohnte. Bald wurde Hochzeit gehalten. Um Mitternacht kroch eine große Natter zur Tür herein. Auf ihrem Kopfe glänzte eine goldene Krone, reich verziert mit Edelsteinen. Diese schüttelte der Natternkönig vor der Braut auf das Tischtuch und verschwand für immer. Seitdem konnte die Frau von Leinen oder Garn, aber auch von ihrem Geld nehmen, so viel sie wollte, es nahm niemals ab.