6. Hindfeld

Die Magd im Backofen

Schwer waren die Zeiten im Verlauf des Dreißigjährigen Krieges (1618 – 1648). Zwar hatte der große Krieg das Dorf bisher verschont, aber die unverschämten Forderungen und die Gewalttätigkeiten gelegentlich durchziehender Söldner sowie die erschreckenden Nachrichten aus dem Lande ließen ahnen, dass die ruhigen Zeiten bald vorüber sein würden. Wenige Wochen nach der Geburt der kleinen Ella starb ihre Mutter. So wurde ihr Margret, die junge Magd auf dem Brunnenhof zu Hindfeld, zu einer zweiten Mutter. Eines Tages polterte der Bauer in die Stube: „Sie kommen! Schnell in den Wald! Dort sind wir sicher.“ Rasch wurde die wertvollste Habe zusammengerafft und das Vieh aus den Ställen geholt. Gerade tauchten die letzten Männer und Frauen im Wald am Gleichberg unter, als ein Schwarm Kroaten, weithin kenntlich an ihren roten Hemden, in das Dorf einfiel. Bald hatten die Hindfelder Bauern ihr Versteck erreicht. Hier hatten sie Hütten und Erdhöhlen gebaut, so dass jede Familie eine behelfsmäßige Unterkunft finden konnte. Doch wer beschreibt den Schrecken: Das Töchterlein des Brunnenhofbauers fehlte. Margret schlich auf Umwegen ins Dorf und wurde von den feindlichen Soldaten gefasst. Die beutegierigen Männer wollten aus ihr das Versteck herauspressen, erreichten ihr Ziel aber nicht. Das Mädchen schwieg trotz der unmenschlichen Folter. Einer der Männer, der Margret gefangen hatte, schlug lachend vor: „Laßt uns das Krammetsvögelchen schön langsam braten, da wird es schon singen!“ Rasch wurde der Backofen angeheizt. Trotz verzweifelter Gegenwehr schoben rohe Fäuste die Magd in den heißen Ofen. Als die fremden Reiter abgezogen waren, fand man die kleine Ella völlig unversehrt in der Hütte des Hofhundes. Sie hatte darin Schutz gesucht und war eingeschlafen.